Hartmut Krauss

 

Importierte Armut als Effekt unregulierter Masseneinwanderung

Eine kritische Skizze

 

 

Die Bundeskanzlerin möchte gerne die „Flüchtlingsfrage“ aus dem Wahlkampf heraushalten und stattdessen ein schönfärberisch-populistisches Reklamebild von Deutschland plakatieren. Ihr Gegenkandidat will wiederum die soziale Frage ins Zentrum rücken, ohne seine Parole von den Zuwanderern als „Goldstücken“ zu revidieren. Doch diese beiden politischen Vermarktungsstrategien scheitern kläglich an der Wirklichkeit.

Armut im klassischen Sinne bezeichnet ein Lebensniveau am Rande des physischen Existenzminimums, wie es in weiten Teilen der Welt nach wie vor massenhaft vorkommt.

Ursachen hierfür sind primär

a) die Resistenz vormodern-rückständiger Herrschafts- und Sozialverhältnisse,

b) die Zählebigkeit traditionalistisch-irrationaler (unaufgeklärter) Ideologien/„Religionen“ als normative Regulierungssysteme,

c) die damit korrespondierende Überbevölkerung mit dem Effekt der Verknappung positioneller Güter (Arbeitsplätze, Wohnungen, Bildungsmöglichkeiten etc.) sowie

d) Kriege als Folge von a) bis c).

Hinzu kommen unfaire Wirtschafts- und Handelsbedingungen seitens der entwickelten Staaten und negative Umweltveränderungen.

Im Sinne einer universalistischen Menschenrechtsorientierung ist es deshalb fragwürdig, die Lebenslage von Sozialtransferbeziehern in Deutschland im Vergleich zu absolut verarmten Menschengruppen in nichtwestlichen Weltregionen als „arm“ anstatt als „unterdurchschnittlich“ zu bezeichnen, wie es die sozialstatistische Definition ohnehin nahe legt. So gilt nach OECD-Kriterien jemand als arm, dessen Einkommen bei unter 50% des mittleren Nettoäquivalenzeinkommens im nationalstaatlichen Referenzrahmen liegt. Außerhalb dieses nationalstaatlichen Vergleichshorizonts zeigt sich nach Sarrazins folgender Behauptung das relative hohe Niveau des in Deutschland kursierenden Armutsbegriffs: „Deutsche Transferempfänger leben wie der durchschnittliche Tscheche, aber deutlich besser als der durchschnittliche Pole und weitaus besser als der durchschnittliche Türke“ (S. 148). Das dürfte, so wäre zu ergänzen, auch für Bulgaren und Rumänen sowie insbesondere für Asylbewerber aus Afrika und dem Nahen Osten gelten.

In der öffentlichen Debatte über „Armut in Deutschland“, wie sie im Anschluss an die Einführung der „Hartz IV“-Regelung bzw. der Zusammenlegung der Sozialhilfe und der vormaligen Arbeitslosenhilfe zum Arbeitslosengeld II geführt wurde und wird, haben sich zwei entgegengesetzte stereotype Grundpositionen verfestigt:

1. Der Opfer-Diskurs. Demnach werden alle ALG II-Bezieher pauschal als händeringend nach Arbeit Suchende beschworen, die unentwegt Bewerbungen schreiben, aber trotz des permanent bezeugten qualifizierten Arbeitswillens immer wieder durch die Personalbüros der Unternehmen frustriert und dadurch in subjektiv absolut unverschuldeter Weise aus dem Erwerbsarbeitssystem ausgrenzt werden - wenn sie nicht gerade in Mini- und Ein-Euro-Jobs einer rigiden Ausbeutung unterliegen.

2. Der Schmarotzer-Diskurs. Demgemäß handelt es sich bei den ALG II-Beziehern weitestgehend oder doch in der Mehrzahl der Fälle um Leute, die vorsätzlich und gezielt auf Kosten der Allgemeinheit das Sozialtransfersystem auszunutzen, um sich so dauerhaft dem System der Erwerbsarbeit zu entziehen und sich dabei unterschiedlichster Methoden bedienen, darunter die bewusste Einplanung von Kindergeld.

Hinter diesen beiden Diskursen stehen gegensätzliche (Klientel-)Interessen: Der Opfer-Diskurs wird primär von der „Linkspartei“ und den Wohlfahrtsverbänden vertreten, der Schmarotzer-Diskurs vornehmlich von neoliberalen Kreisen.

Beide widerstreitenden Diskurse unterstellen - wenn auch mit umgekehrtem Vorzeichen - die Bezieher von ALG II im Grunde als homogene Masse. Was demgegenüber sowohl wissenschaftlich als auch politisch und damit auch in der öffentlichen Debatte auf der Strecke bleibt, ist eine umfassende und präzise Erfassung der „Hartz-IV-Bevölkerung“ auf der Grundlage einer differenzierten und multidimensionalen Zusammensetzungsanalyse, die auch subjektive Verarbeitungsprofile der Betroffenen herausarbeitet. Unterbleibt diese wissenschaftlich-analytische Fundierung, dann bewegt sich die Debatte weiterhin auf dem chaotisch-dürftigen Niveau des populistischen Beispiel-Gegenbeispiel-Schlagabtauschs von Talkshows, in der die eine Seite beflissene Dauerbewerbungsschreiber und die andere Seite „Hartz-IV-Playboys“ wie Arno Dübel präsentiert.

Zu erfassen wären zum Bespiel neben der Aufdeckung der Alters- und Geschlechtszusammensetzung, der schulischen und beruflichen Qualifikationen, des Gesundheitszustandes, der Bezugsdauer, des Arbeitsmarktverhaltens, der Teilnahme an sinnvollen und sinnlosen Weiterbildungen etc.

a) die unterschiedlichen kausalen Konstellationen der Arbeitslosigkeit insbesondere im Vergleich zwischen West- und Ostdeutschland sowie

b) im Verhältnis zu den unterschiedlichen Segmenten der Zuwanderer (EU-Ausländer, Spätaussiedler, Zuwanderer von außerhalb der EU differenziert nach Herkunftsländern und soziokulturellen Hintergründen etc.).

Zudem wären unterschiedliche erwerbsbiographische Betroffenheitsprofile zu gewichten (zum Beispiel: junger lediger ALG II-Empfänger ohne Berufserfahrung im Unterschied zum älteren Bezieher, der nach einer langen Berufslaufbahn aufgrund einer Betriebsstilllegung arbeitslos geworden ist).

Nicht zuletzt wären aber auch unterschiedliche subjektive Verarbeitungs- und Bewertungsformen der ALG II-Lage zu ergründen. (Um die Extreme zu benennen: Wird der Bezug als katastrophal und unbedingt zu verändern eingeschätzt oder als passable Situationsmöglichkeit, sich mit Glück und Geschick dauerhaft dem Zwang zum Verkauf der eigenen Arbeitskraft zu entziehen?)

Genau genommen wissen wir also gar nicht hinreichend Bescheid über die realen quantitativen Konturen, qualitativen Verarbeitungsweisen und lagegenerierenden Faktorenzusammenhänge der unterschiedlichen (inhomogenen), in ihrem Profil wahrscheinlich stark divergierenden Teilgruppen der ALG II-Empfänger. (Zum Bespiel: „abgewickelte“ ostdeutsche Vereinigungsverlierer, kinderreiche und bildungsferne orthodox-islamisch sozialisierte Zuwanderer; gering qualifizierte westdeutsche Langzeitarbeitslose mit einer Suchtproblematik etc.)

Dennoch lassen sich folgende Strukturmerkmale hervorheben, die den pauschalierenden „Schmarotzer-Diskurs“ erheblich relativieren, ohne damit allerdings dem ebenso pauschalen „Opfer-Diskurs“ Recht zu geben.

1) Zu berücksichtigen ist zunächst der Umstand, dass sowohl Alleinerziehende mit kleinen Kindern (bis zu drei Jahren) sowie Personen mit pflegebedürftigen Angehörigen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft von der Erwerbsverpflichtung entbunden sind.

2) Das ALG II („Grundsicherung für Arbeitssuchende“) wird nicht nur von erwerbsfähigen Arbeitslosen im erwerbstätigen Alter bezogen, sondern auch von Erwerbstätigen mit einem Niedrigeinkommen. So erzielte im Herbst 2009 fast ein Viertel der erwerbsfähigen ALG II-Empfänger Erwerbseinkommen. „Etwa ein Achtel hatte dabei ein Erwerbseinkommen von mehr als 400 Euro im Monat“ (Adamy 2010, S. 177).

Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, ist seit der Einführung des Mindestlohnes die Zahl der sog. Aufstocker nicht nennenswert gesunken. So stockten im September 2016 „in Deutschland knapp 1,2 Millionen Beschäftigte ihr Gehalt mit Hartz-IV-Leistungen auf. Damit gingen 27,6 Prozent der Hartz-IV-Empfänger einer Erwerbstätigkeit nach. Zu den Aufstockern zählen alle abhängig und selbstständig Beschäftigte in Minijobs sowie in Teil- und Vollzeitstellen.“ Damit war 2016 „jeder Siebte der 4,3 Millionen erwerbsfähigen Empfänger von Hartz-IV-Leistungen sozialversicherungspflichtig tätig. 4,6 Prozent der Hartz-IV-Empfänger arbeiteten sogar in Vollzeit. Dazu war fast jeder Zehnte geringfügig beschäftigt.“1

Aktuell zeigt sich folgendes Bild: „Im März (…) gab es rund 2,66 Millionen Arbeitslose gemäß der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA). Gleichzeitig lebten aber über 7,18 Millionen Menschen von Arbeitslosengeld und/oder Hartz-IV-Leistungen. Rund 886.000 Menschen bezogen Arbeitslosengeld und knapp 6,4 Millionen Menschen lebten in einem Hartz-IV-Haushalt, einer so genannten Bedarfsgemeinschaft, darunter rund 2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (Januar 2017).“


Auffällig ist, dass bei sämtlichen zuvor zitierten Angaben keinerlei Differenzierung zwischen einheimischen und zugewanderten ALG II-Beziehern und Bedarfsgemeinschaften vorgenommen wird. Richtet man nun aber den Blick auf diese Unterscheidung, dann zeigt sich folgendes Bild:

Unabhängig vom Konjunkturverlauf und der Gesamtmenge der registrierten Arbeitslosigkeit ist der Anteil von arbeitslosen Zugewanderten - über einen längeren Zeitraum beobachtet - konstant doppelt so hoch wie der Anteil von Einheimischen ohne Migrationshintergrund. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren so auch 2007 Menschen mit Migrationshintergrund im Alter von 25 bis 65 Jahren mit 14 Prozent nahezu doppelt so häufig erwerbslos wie jene ohne. Betrachtet man die Entwicklung der Arbeitslosigkeit bei Zuwanderern im Zeitvergleich, dann stieg die Arbeitslosenquote bei Migranten ohne deutsche Staatsbürgerschaft zwischen 1986 und 2006 von 13,7 auf 23,6 um über 70 Prozent. Im Vergleich hierzu erhöhte sich die Arbeitslosenquote der Deutschen - inklusive der Migranten mit deutscher Staatsbürgerschaft - von 8,6 auf 11 um 28 Prozent. Zu beachten ist auch: Von den 2,9 Millionen einkommensschwachen Migranten, die zwischen 1996 und 2006 hinzukamen, waren rund zwei Drittel Paare mit Kindern. Diese Kinder stellten 82 Prozent der seit 1996 hinzugekommenen Kinder in einkommensschwachen Haushalten (vgl. Miegel u.a. 2008). Lag die Erwerbstätigenquote bei den Einheimischen/Deutschen 2006 um ca. 5%-Punkte über der des Jahres 1982, so war sie bei den Ausländern insgesamt und bei den Türken um 12 bzw. 15%-Punkte zurückgegangen. „Nur 45% aller Türken im erwerbsfähigen Alter sind derzeit abhängig oder selbständig erwerbstätig“ (Hönekopp 2007, S. 160).



Arbeitslosenquote von Ausländern und Deutschen im Vergleich von 2008 -2015

Auch aktuell bestätigt sich die Einschätzung, dass relative Armut und Sozialtransferbezug in Deutschland insbesondere ein migrantisches Profil aufweist. So ist die Arbeitslosenquote von Ausländern im Vergleich zu Einheimischen 2016 weiter angestiegen und liegt nun fast dreimal so hoch: „Im Juni 2016 waren rund 0,62 Mio. Ausländer und rund 1,99 Mio. Deutsche arbeitslos. Damit hat sich im Jahr 2016 diese Entwicklung bislang jeden Monat weiter verschlechtert. Nach 9,2% mehr arbeitslosen Ausländern im Januar 2016 waren es im Juni 2016 sogar 11,9% mehr arbeitslose Ausländer als im Vorjahr. Im deutlichen Gegensatz dazu ist die Zahl der arbeitslosen Deutschen regelmäßig gesunken. So waren 2014 3,1% weniger arbeitslos als im Vorjahr, 2015 lag der Wert bereits bei -5,8%. Und diese positive Dynamik hat sich im Jahr 2016 bislang weiter verstärkt. So waren im Januar 2016 bereits 6,7% weniger Deutsche arbeitslos als im Vorjahr; im Juni 2016 lag dieser Wert sogar bei -7,5%.“ (11. Integrationsbericht Dezember 2016, S. 192)

Von 2011 bis 2016 ist allein der Anteil der ausländischen Hartz-IV-Empfänger von 19 Prozent auf 27 Prozent gestiegen2.

„Von allen Arbeitslosen im SGB II (Hartz IV-Bezug, H.K.) weisen 44,2% einen Migrationshintergrund auf, im SGB III ist dies bei 28,7% der Arbeitslosen der Fall.“

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass türkisch-muslimische Zuwanderer im Vergleich mit anderen Migrantengruppen mit Abstand am schlechtesten abschneiden3. „Besonders alarmierend sind der hohe Anteil von Personen ohne Bildungsabschluss und die sehr hohe Erwerbslosigkeit unter den Jugendlichen. In kaum einem Bereich verläuft die Integration dieser Herkunftsgruppe wirklich gut“ (Berlin-Institut 2009, S. 36). Der 8. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland (Juni 2010, S. 126) hielt fest: „Während nur 15% der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund im Alter von 20 bis 64 Jahren keinen beruflichen Abschluss haben, gilt dies für 44% der Befragten mit Migrationshintergrund. Am höchsten liegt der Anteil der Unqualifizierten mit 72% bei den in Deutschland lebenden Menschen türkischer Herkunft, von denen fast jede/r Fünfte (18,2%) Deutsche/r ist.“4

Zudem sind aktuell die Auswirkungen der seit 2014 verstärkt einsetzenden Masseneinwanderung von Asylbewerbern aus Afrika und dem Nahen Osten zu berücksichtigen: In dem Maße, wie anerkannte Asylbewerber aus dem Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz herausfallen, werden sie als Arbeitssuchende erfasst. Im Juli 2016 wurden 141.000 arbeitssuchende „Geflüchtete“ registriert, wobei die Zahl der arbeitslos gemeldeten „Flüchtlinge“ nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit monatlich um 10.000 Personen steigt. Zudem befanden sich 135.000 in Sprach- und Integrationskursen und 32.000 in Förderkursen zur Berufsvorbereitung5. „Insgesamt hat sich bei den Personen aus den Nichteuropäischen Asylherkunftsländern die Zahl der Arbeitslosen deutlich erhöht und zwar im Vorjahresvergleich um 80.000 oder 104 Prozent. In absoluter Betrachtung entfällt die Zunahme weitgehend auf Syrer (+65.000). Die Zahl der Leistungsempfänger im SGB II aus den Nichteuropäischen Asylherkunftsländern stieg im Vorjahresvergleich um 181.000 oder 79 Prozent. Auch hier fiel die Zunahme bei syrischen Staatsangehörigen am stärksten aus (+160.000 oder +195 Prozent).“6

Nach neusten Angaben der Bundesagentur für Arbeit vom Juli 2017 hatten Ende 2016 43,1 Prozent der Arbeitslosen in Deutschland einen Migrationshintergrund, in den westdeutschen Bundesländern sind es sogar 49,5 Prozent. Bei den 4,3 Millionen „erwerbsfähigen Leistungsberechtigten“, die Hartz IV beziehen, - darunter sog. Aufstocker - lag der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund bundesweit bei 52,6 Prozent, in den westdeutschen Bundesländern sogar bei 59,5 Prozent7.


Zu berücksichtigen sind dabei auch die gravierenden Qualifikationsdefizite dieser neu hinzugekommenen Migranten: „Von den arbeitsuchenden Flüchtlingen hatten im Juni 2016 knapp 74 Prozent keine formale Berufsausbildung, 5 Prozent eine berufliche bzw. schulische Ausbildung und gut 9 Prozent eine akademische Ausbildung.“ (IAB-Zuwanderungsmonitor Juli 2016, S. 58) Damit kann diese Hauptgruppe der „Flüchtlinge“ nur einfache Helfer- und Anlerntätigkeiten ausüben, während nur 13 Prozent für fachlich ausgerichtete Tätigkeiten und gut 5 Prozent für Spezialisten- und Expertenberufe geeignet sind. Bereits vor dem Flüchtlingsandrang verhielt es sich so, dass nahezu jeder zweite Arbeitslose in Deutschland mangels höherer Qualifikation nur Helfertätigkeiten ausüben konnte, andererseits aber nur jeder siebte Arbeitsplatz diesem Niveau entspricht (arbeitsmarktpolitischer Angebots-Nachfrage-Widerspruch)9. Nach Schätzungen anhand gemeldeter offener Stellen gibt es deshalb auch nur 154.000 relevante Arbeitsplätze für die überwiegende minderqualifizierte Masse der Asylanten10.

Im März 2017 verharrte die Zahl der als arbeitslos registrierten Flüchtlinge bei knapp 180.000. „Knapp 700.000 Flüchtlinge bezogen zuletzt im Dezember 2016 Hartz-IV, rund 50 000 mehr als im November 2016. Die Zahl umfasst auch Kinder, Ältere und Kranke.“

Im Reklameheft der politisch-ideologischen „Refugees-welcome“-Komitees und der hinter ihnen stehenden Asylindustrie durfte die realitätswidrige Parole „Mit den Flüchtlingen den Fachkräftemangel überwinden“, nicht fehlen. Im Nachhinein muss nun diese von vornherein leicht als Fake-Propaganda durchschaubare Behauptung als enttäuschte Hoffnung verniedlicht werden. „Die Hoffnung, der Fachkräftemangel könne kurzfristig durch Flüchtlinge zu beheben sein, hat sich in Luft aufgelöst“, erklärte die Vorsitzende der Agentur für Arbeit in Niedersachsen und Bremen, Bärbel Höltzen-Schoh, Ende Mai 2017. Die große Mehrheit der Geflüchteten verfügte nur über marginale oder gar keine Schulbildung. „Zudem klafften die Selbst- und Fremdeinschätzung der eigenen Fähigkeiten oft auseinander. Selbst die Hoffnung einiger Unternehmen auf Eignung von Flüchtlingen für Helfertätigkeiten habe sich als ‚Illusion‘ herausgestellt.“

Wenn aber vor dem Hintergrund der vielfach beschworenen „Digitalisierung der Arbeitswelt“ einfache Helfer- und Anlerntätigkeiten zukünftig noch weniger nachgefragt werden als bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt, ist es absurd, die geplatzte Illusion nunmehr zwecks ideologischer Gesichtswahrung in die Zukunft zu verlängern und zu behaupten, die Arbeitsmarktchancen für „Flüchtlinge“ würden sich langfristig auf jeden Fall nachhaltig verbessern. So kam eine Studie in Dänemark zum Ergebnis, dass nur ein Viertel der Flüchtlinge, die zwischen 2000 und 2003 ins Land gekommen waren, zehn Jahre später einer regelmäßigen Beschäftigung nachging11. Die niedrigste Beschäftigungsquote wiesen Syrer auf12.

Festzuhalten ist demnach folgender Sachverhalt:

Ein relevanter Teil der in Deutschland registrierten Armutspopulation entstammt einem Migrationsimport und ist nicht systemimmanent generiert worden. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine „Verlagerung“ von Teilen der Bevölkerung aus vormodern-rückständigen, überbevölkerten, zum Teil durch Kriege zerrütteten Ländern, die im Rahmen der hierzulande als „relativ arm“ bezeichneten Lebenslagen ein deutlich besseres Dasein führen als in ihren Herkunftsgebieten und diesen Tatbestand auch subjektiv so widerspiegeln bzw. erleben.

Aktuell ist der Anstieg der vielfach zitierten und sozialpopulistisch instrumentalisierten Kinderarmut in Deutschland ausschließlich auf die verstärkte Zuwanderung infolge des unregulierten Flüchtlingszustroms der letzten Jahre zurückzuführen. So stellt der III. WSI-Kinderarmutsbericht fest, dass im Hinblick auf die in Deutschland geborenen Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund keine nennenswerte Veränderung des Armutsrisikos vorliegt. „Allein in der relativ kleinen Gruppe der Minderjährigen, die selbst in die Bundesrepublik eingewandert sind, hat sich die Armut zwischen 2011 und 2015 von 35,7 auf 48,9 Prozent rasant ausgebreitet. Dies legt nahe, dass der gesamte Zuwachs der Kinderarmut auf das hohe Armutsrisiko der in den letzten fünf Jahren eingewanderten Personen unter 18 Jahren zurückzuführen ist.“13

Betrachtet man die Herkunftsregionen, dann zeigt sich folgendes Bild:

 

 

Es ist also nicht die „Unterschicht an sich“ bzw. die Hartz-IV-Bevölkerung, die eine hohe Nachkommenschaft aufweist und dementsprechende Sozialtransfereinkommen erzielt, sondern - trotz unzureichender statistischer Datenlage - eine deutlich identifizierbare Teilgruppe in Gestalt vornehmlich bildungsferner, traditionalistisch-islamisch geprägter und sozialisierender Einwanderer.

Es kamen (und kommen immer noch) „Flüchtlinge“14, geblieben sind und - bei Festschreibung aktueller Regierungspolitik - bleiben werden zum großen Teil Sozialhilfeempfänger. „So verzeichnen die in Deutschland lebenden Syrer eine Hartz-IV-Quote von 75 Prozent. Ähnliche, wenngleich nicht ganz so dramatische Zahlen gibt es bei Menschen aus dem Irak und aus Eritrea. Diese Ziffer bezieht sich nicht auf Schutzsuchende, die in Sammelunterkünften wohnen, sondern einen eigenen Haushalt bilden.“15 Infolgedessen sind die Ausgaben für Sozialleistungen 2016 um 9,8 Prozent auf 59,3 Milliarden Euro gestiegen, das waren 5,3 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr.

Hinter „Soft-fake-Schlagzeilen“ wie diesen „Frühjahrsaufschwung drückt Arbeitslosigkeit auf Rekordtief“ verbirgt sich dann doch folgender Tatbestand: „Die Bundesagentur räumte allerdings ein: Zählt man jene dazu, die sich im März in Trainingsmaßnahmen sowie Aus- und Fortbildungskursen befanden, suchten zuletzt 3,688 Millionen Menschen eine Arbeit. Wegen der vielen Flüchtlinge, die derzeit noch Integrations- und Berufsvorbereitungskurse absolvierten, sei die Unterbeschäftigung im März im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen.“16

Der Zuwanderungsmonitor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vom Juli 2017 (S. 3) hielt fest, dass die SGB-II-Hilfsquote der ausländischen Bevölkerung im April 2017 bei 21,2 Prozent lag damit gegenüber dem Vorjahresmonat um 3,2%-Punkte gestiegen ist. „Ebenso ist aufgrund des Wachstums der ausländischen Bevölkerung die absolute Zahl der SGB-II-Leistungsbezieher um rund 410.000 Personen (plus 26,5%) im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen.“ Das ist ein relevanter, in der Öffentlichkeit aber weithin tabuisierter sozialökonomischer Effekt der unregulierten Massenimmigration infolge der sog. Flüchtlingskrise.

Wir können somit folgende paradoxe Konstellation festhalten:

1. Was in Deutschland statistisch als „Armut“, „prekäre Lebenslage“ etc. klassifiziert wird, bedeutet für Immigranten häufig einen Wohlstandsgewinn auf Kosten der Einwanderungsgesellschaft und wird deshalb subjektiv völlig anders erlebt und bewertet als von „Sozialpopulisten“.

2. Zu konstatieren ist ein gravierender Widerspruch zwischen einem beklagten Fachkräftemangel einerseits, der durch Zuwanderung behoben werden soll, bei gleichzeitiger Existenz einer sich erhöhenden Zahl von geringqualifizierten, relativ jungen und disparat sozialisierten Migranten aufgrund einer ungesteuerten und irregulären Zuwanderung andererseits. Vor diesem Hintergrund ist die Fortsetzung einer ungesteuerten Masseneinwanderung, wie sie aus dem großkapitalistischen Unternehmerlager immer wieder mehr oder minder offen zwecks Installierung einer Lohndumpinggruppe und Erweiterung der inländischen Käufermasse durch staatlich subventionierte Konsumenten gefordert wird, radikal zu überwinden und durch eine quantitative und qualitative Zuwanderungssteuerung zu ersetzen.

(26.08.2017)



Literatur:

Adamy, Wilhelm: Familiäre Situation von arbeitslosen und erwerbstätigen Hartz-IV-Empfängern. Zur These eines zu niedrigen Lohnabstands bei Hilfebedürftigen mit Kindern. In: Soziale Sicherheit 5/2010, S. 174-181.

Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (Hrsg.): 8. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland. Juni 2010.

Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (Hrsg.): 11. Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration - Teilhabe, Chancengleichheit und Rechtsentwicklung in der Einwanderungsgesellschaft Deutschland. Dezember 2016.

Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung: Ungenutzte Potentiale. Zur Lage der Integration in Deutschland. Berlin 2009.

Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung: Neue Potentiale. Zur Lage der Integration in Deutschland. Berlin 2014.

Hönekopp, Elmar: Statement zum Nationalen Integrationsplan AG 3: Situation und Perspektiven von Migranten auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland - Ein Problemaufriss in 14 Berufen. In: Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Nationaler Integrationsplan Arbeitsgruppe 3 „Gute Bildung und Ausbildung sichern, Arbeitsmarktchancen erhöhen“. Dokumentation des Beratungsprozesses, Bonn 2007, S. 158-166.

IAB-Kurzbericht Nr. 11, Juni 2014. Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Arbeitsmarktchancen von Geringqualifizierten. Kaum eine Region bietet genügend einfache Jobs Von Dieter Bogai, Tanja Buch und Holger Seibert.

IAB Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit (Hrsg.): Aktuelle Berichte. Schätzung der Zahl der für Flüchtlinge relevanten Arbeitsstellen 12/2016. Veröffentlicht am 23. Juni 2016.

Krauss, Hartmut, Vogelpohl, Karin: Spätkapitalistische Gesellschaft und orthodoxer Islam. Zur Realität eines Desintegrationsverhältnisses jenseits von Verdrängung, Verschleierung und Bewältigungsromantik. In: Hartmut Krauss (Hrsg.): Feindbild Islamkritik. Wenn die Grenzen zur Verzerrung und Diffamierung überschritten werden. Osnabrück 2010. S. 217 - 262.

Miegel, Meinhard, Wahl, Stefanie, Schulte, Martin: Von Verlierern und Gewinnern - Die Einkommensentwicklung ausgewählter Bevölkerungsgruppen in Deutschland. Bonn 2008.

Sarrazin, Thilo: Deutschland schafft sich ab. Wie wir unser Land aufs Spiel setzen. München 2010. 4. Auflage.

3 „Nicht viel besser geht es den in Österreich lebenden Türken. Im Vorjahr (2015, H.K.) lag in Österreich die Arbeitslosenquote von Ausländern bei 13,5 Prozent, bei den Türken waren es aber 19,8 Prozent. Abgesehen von den Flüchtlingen ist bei keiner großen Ausländergruppe die Arbeitslosenquote so hoch wie bei den Türken. Das zeigt, dass die Integration hier teilweise nicht funktioniert hat. („Die Presse“, Print-Ausgabe, 03.08.2016)

4 Siehe hierzu ausführlich Krauss/Vogelpohl 2010 und Berlin-Institut 2014.

5 Beide Gruppen gelten offiziell nicht als arbeitslos, sondern werden in der sogenannten Unterbeschäftigungsstatistik geführt. Dort werden neben Arbeitslosen auch Jobsucher registriert, die von der Bundesagentur finanzierte Förder- oder Trainingskurse absolvieren. Vgl. http://www.dnn.de/Nachrichten/Wirtschaft/Niedrigste-Juli-Arbeitslosigkeit-seit-25-Jahren

9IAB-Kurzbericht 11/2014 Von Dieter Bogai, Tanja Buch und Holger Seibert. http://doku.iab.de/kurzber/2014/kb1114.pdf

10 IAB: Aktuelle Berichte. Schätzung der Zahl der für Flüchtlinge relevanten Arbeitsstellen 12/2016. http://doku.iab.de/aktuell/2016/aktueller_bericht_1612.pdf

14 Eine Studie über Zuwanderer in Europa fand mittlerweile heraus, dass nur 13,7% der knapp 10.000 befragten Immigranten wegen eines Kriegsgeschehens geflohen sind, hingegen 53,1 % aus wirtschaftlichen und 20,5% aus politischen Gründen. https://de.europenews.dk/Studie-Nur-13-Prozent-der-Migranten-fliehen-vor-einem-Krieg-132762.html



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