Hartmut Krauss


Warum der Islam nicht nach Deutschland passt, aber dennoch dazugehören soll.

Statement für das Abschlusspodium der „Kritischen Islamkonferenz“
(1. Juni 2008)

 

I.
Ausgangspunkt für eine wissenschaftlich fundierte islamkritische Praxis ist die Grundeinsicht, dass der Islam in seiner orthodoxen Kerngestalt mit den Prinzipien einer freiheitlich-demokratischen Gesellschafts- und Lebensordnung nicht in Übereinstimmung zu bringen ist:
Der Religionsbegriff des Grundgesetzes unterstellt unter dem Eindruck der kulturhistorischen Wirkung der europäischen Aufklärungsbewegung ein modernes Religionsverständnis, wonach Religion gleich welcher Art keine absolute Geltungsmacht mehr beanspruchen kann, sondern eine Trennung von Religion einerseits sowie  Staat, Recht und Privatsphäre andererseits vorausgesetzt ist. Genau diese Trennung hat der Islam in Lehre und Praxis eben nicht vollzogen. Entsprechend hat der Großmufti von Bosnien und Herzegowina, Mustafa Ceric, in einem Aufsatz mit dem Titel „Herausforderung einer einzigen Muslim-Autorität in Europa“ noch einmal in aller Deutlichkeit erklärt, dass „die islamische Verpflichtung auf die Scharia immerwährend, nicht verhandelbar und unbefristet“ sei.
Solange der Islam demzufolge die Trennung von Staat, Religion, Recht und Privatsphäre kategorisch ablehnt oder sogar teils offen und teils verdeckt bekämpft, ist er primär als reaktionäre Ideologie zu betrachten und nicht per se als ‚Religion’. Seine Ziele sind infolgedessen ‚politisch’ - und damit nicht so ohne weiteres unter ‚Religionsfreiheit’ zu subsumieren. Zudem gewährt der Islam keine Glaubensfreiheit und verknüpft Gläubigkeit untrennbar mit der Einhaltung grundrechtswidriger Vorschriften. Aus diesem Grund kann sich der säkular-demokratische Staat im Falle des Islam auch nicht auf einen inhaltsabstrakten, die konkreten Glaubensvorschriften ignorierenden, Neutralismus zurückziehen und darf auch nicht auf eine „scharfe Befragung“ und kritische Bewertung verzichten.

Da der Islam folglich in seiner vorherrschenden orthodoxen Form massiv mit diversen Artikeln des Grundgesetzes kollidiert und grundsätzlich einer säkular-demokratischen Gesellschaftsordnung widerstrebt, kann er auch keinen vollen Schutz des Grundgesetzes für sich in Anspruch nehmen. Generell muss deshalb die Einhaltung und der Schutz grund- und menschenrechtlicher Regelungen Vorrang haben vor dem Schutz eines religiösen Glaubens, der in wesentlichen Teilen auf der Befolgung verfassungswidriger religiöser Vorschriften beruht. Der Islam besitzt weder den Status einer Privatreligion im Sinne der Verfasser des Grundgesetzes noch lässt er sich auf seine rituellen Aspekte (fünf Grundsäulen) beschränken. Vielmehr verkörpert er eine ganzheitliche, d. h. sämtliche Lebensbereiche umfassende Vorschriftenreligion, die in ihrem normativen Gesamtgerüst eine vormodern-autoritäre Herrschaftsordnung festlegt, die den Grundprinzipien einer säkular-demokratischen Gesellschaft widerspricht.

In der öffentlichen Debatte sowie in der gesetzgeberischen und juristischen Praxis wird zudem übersehen, dass Artikel 4 des Grundgesetzes auch das Recht auf Freiheit von der Religion garantieren soll. D. h.: Er gilt ebenso für die in Deutschland große Zahl nichtreligiöser Menschen („Ungläubige“), die im Übrigen einen grundgesetzlichen Anspruch darauf haben, gegenüber der dem Islam unleugbar anhaftenden Diskriminierung und Gewaltandrohung in Schutz genommen zu werden. Auch ist jenseits des christlich-islamischen Dialogs in Rechnung zustellen, dass nicht nur die Gefühle religiöser Gruppen verletzt werden können, sondern genau so die Gefühle nichtreligöser Menschen, die sich z. B. durch allzu penetrante Gotteshuldigung in der Öffentlichkeit belästigt und herausgefordert fühlen. Mit der zuwanderungsbedingten lebensweltlichen Expansion einer zusätzlichen, noch dazu reaktionär-grundrechtswidrigen religiösen Herrschaftskultur wird allmählich eine Schmerzgrenze der Toleranz überschritten, die den inneren Bürgerfrieden zu destabilisieren droht. Insoweit einflussreiche Kräfte meinen das innerhalb der säkularisierten einheimischen Bevölkerung relativ weit verbreitete Potential der Unzufriedenheit und erfahrungsgebundenen Ablehnung gegenüber dem Islam weiterhin pauschal als „fremdenfeindlich““, „rassistisch“ oder „islamophob“ diffamieren zu müssen, so wird das die Gräben nur vertiefen, den Unmut steigern und vermehrt populistische Kräfte auf den Plan rufen.

II.
Um islamkritische Kräfte abzuwehren und ins Abseits zu stellen, wird in der islamophilen Berichterstattung immer wieder die irreführende Behauptung in die Welt gesetzt, Kritik am Islam sei deckungsgleich mit Kritik aller Muslime. Um diesem Unsinn hier einmal deutlich den Wind aus den demagogischen Segeln zu nehmen, möchte ich folgende prinzipielle Unterscheidung deutlich machen:
Wissenschaftlich korrekte Islamkritik bezieht sich zunächst auf den Islam als objektives religiös-weltanschauliches System von Behauptungen, Normen, Vorschriften, Handlungsaufforderungen etc., das ein kulturspezifisches Gefüge zwischenmenschlicher Herrschaftsbeziehungen vor- und festschreibt. Die wesentlichen Manifestationsformen dieses objektiven Systems sind 1) der Koran; 2) die Sunna des Propheten Mohammed und seiner engsten Umgebung (Hadithsammlung), 3) das primär aus Koran und Sunna abgeleitete islamische Recht (Scharia) in Form von vier Rechtsschulen und 4) die dominanten Auslegungsdogmen der Religionsgelehrten in engstem Verweisungszusammenhang zu den vorgenannten Quellen. In der konkret-historischen Praxis hat dieses objektive Bedeutungssystem die Form regionalspezifischer Ausgestaltungsvarianten angenommen und Auslegungskonflikte (zum Beispiel zwischen Sunniten und Schiiten) in sich aufgenommen, ohne in diesen modifizierten Formen seinen Grundcharakter als vormoderne Herrschaftsideologie einzubüßen. Da der Islam religiöses Glaubenssystem, gesellschaftliche Ordnungslehre, Alltagsethik, Sozialisations- und Erziehungsgrundlage in einem ist, ist er per se „politisch“, d. h. auf die umfassende soziale Regelung zwischenmenschlicher Beziehungen ausgerichtet. Insofern ist die undifferenzierte Rede vom „politischen Islam“ falsch und irreführend, da sie die objektive Existenz eines „unpolitischen“ Islam suggeriert und damit so tut, als gäbe es den Islam als reine „Privatreligion“ (schon bevor eine durchsetzungsfähige, das Religiöse dezentrierende Aufklärungsbewegung innerhalb des islamischen Herrschaftsraumes nachhaltig stattgefunden hat).
Vom Islam als einem objektiven Bedeutungssystem strikt zu unterscheiden sind nun die subjektiven Einstellungen und Verhaltensweisen konkreter Muslime. Entscheidungstheoretisch betrachtet können sich diese zum Beispiel entweder rigoros und dogmatisch („fundamentalistisch“) an die objektiven Vorgaben halten, diese nur partiell befolgen, diese ignorieren (ohne das nach außen zu zeigen), sich öffentlich distanzieren (austreten) oder aber einen subjektivistisch interpretierten „Bonbon“-Islam kreieren, der die „gefährlichen“, „anstößigen“, „problematischen“, „unliebsamen“ Aussagen einfach voluntaristisch ausblendet (so wie kleine Kinder, die ihr Gesicht hinter den Händen verbergen und glauben, man könne sie nicht mehr sehen) und so tut, als sei dieser subjektivistisch konstruierte Islam der „eigentliche“ Islam. Aus herrschaftskritisch-wissenschaftlicher Perspektive wäre es jedenfalls verfehlt, aus Rücksicht auf vermeintlich „unpolitische Bonbon-Muslime“ bzw. unreflektierte „Mitläufer“ des Islam die Kritik an der islamischen Herrschaftskultur und ihrer streng gläubigen Protagonisten zu verwässern oder abzubremsen.

III.
Wer sich wissenschaftlich und politisch-praktisch mit der islamischen Herrschaftskultur kritisch auseinandersetzt, stößt sofort auf ein zusätzliches Problem, nämlich auf die illustre Front der Islamverteidiger. Wer sind die „Freunde des Islam“ und was sind ihre Beweggründe? Dazu einige kurze Bemerkungen zu den Hauptabteilungen dieses Lagers:
1) Angesichts der übersättigten westeuropäischen und nordamerikanischen Märkte sind die Geschäftsinteressen westlicher Großkonzerne nicht zuletzt auch auf den arabischen bzw. generell islamisch geprägten Wirtschaftsraum gerichtet. Für die Herstellung und Beibehaltung eines günstigen Geschäftsklimas ist eine möglichst störungsfreie Kommunikation mit den islamischen Machthabern geboten. Eine Auseinandersetzung mit den dortigen Herrschaftsstrukturen, Menschenrechtsverletzungen, Repressionsverhältnissen etc. würde nur das anvisierte bzw. bereits hergestellte big buisiness stören . Und das betrifft nicht nur den Export von Konsumartikeln. Längst ist z. B. Saudi-Arabien nicht nur Hauptsponsor des islamistischen Terrorismus, sondern auch ein äußerst potenter Importeur westlicher Rüstungsgüter. Andererseits ist Deutschland der Haupthandelspartner des iranischen Gottesstaates und „betreibt mit dem Iran mehr Geschäfte, als jedes andere europäische Land; das jährliche Handelsvolumen wird auf 5 Mrd. Euro geschätzt. Mindestens 1.700 deutsche Unternehmen sind im Iran aktiv. Rund 75 Prozent aller kleinen und mittelständischen Betriebe im Iran sind mit deutscher Technologie ausgestattet.“ (Mitteilungen der Deutsch-Iranischen Industrie- und Handelskammer in Teheran vom Dezember 2007; zit. n. Küntzel 2008, S. 1). Zentraler Bestandteil dieser wirtschaftlichen Interessenverflechtung ist natürlich auch ein ausgeprägter Verharmlosungsdiskurs bzgl. des totalitären Charakters dieser neuen Bündnispartner. So kann es auch nicht überraschen, dass sich deutsche Großkonzerne in arabischen Medien für die westliche Pressefreiheit entschuldigten und einen Beschwichtigungskurs angesichts der gezielten Aufwallungen anlässlich des verlogenen „Karikaturenstreits“ verordneten.
2) Große Teile der christlichen Kirchen in Deutschland - allen voran die katholische Bischofskonferenz - erhoffen sich von der Ausbreitung des Islam in Deutschland eine Umkehrung des gesamtgesellschaftlichen Einflussrückgangs des Religiösen und damit eine indirekte Stärkung ihrer eigenen Machtpositionen. D. h. sie spekulieren auf eine positive Teilhabe an der schleichenden Islamisierung Deutschlands. Deshalb der vehemente Einsatz für islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, für expansiven Moscheebau, für islamische Speisevorschriften in Kindergärten, für die Einrichtung von islamischen Gebetsräumen in Krankenhäusern, für die Einrichtung separater islamischer Gräberfelder, für die Befolgung islamischer Bestattungsriten etc. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Kumpanei zwischen konservativem Christentum und Islam in der gleichgerichteten Feindseligkeit gegenüber einer säkular-humanistischen Lebenskultur und Werteordnung eine ‚natürliche‘ Basis besitzt. So wird immer wieder das „umfassende Verständnis von Religionsfreiheit“ hervorgekehrt, während gleichzeitig die Unvereinbarkeit von zahlreichen Religionsinhalten, Menschenrechten und liberalen Verfassungsgrundsätzen verdunkelt wird.
3) Die politische Klasse und ihre Parteien folgen zum Teil den angesprochenen großkapitalistischen Geschäftsinteressen und schielen zudem nach Wählerstimmen aus dem Lager der größer werdenden muslimischen Zuwanderergemeinschaft. Wer sich als Verteidiger und ideologischer Bodyguard der islamischen Herrschaftskultur aufspielt, hofft deshalb, in diesem Umfeld zu punkten und angesichts der demographischen Verschiebungen einflusspolitische Vorsorge zu treffen. Unabdingbare Vorraussetzung hierfür die systematische Verunglimpfung von Islamkritik einerseits und eine krude Islamapologetik andererseits. Der Spanier Solana, „Hoher Vertreter für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union“, eilte kurz nach dem Karikaturenstreit sogleich nach Dschidda, um dort vor der OIC (Organisation der Islamischen Konferenz) einen Kotau zu machen, sein Verständnis für die beleidigten Gefühle der Muslime zu bekunden und folgende Forderungen entgegenzunehmen:

  • Die Europäische Union soll mit Hilfe des Europäischen Parlaments juristische Maßnahmen gegen die „Islamophobie“ ergreifen.
  • Die EU und die OIC sollen sich gemeinsam für das Verbot von Beleidigungen aller religiösen Werte und Propheten gemäß dem Artikel 60/150 der Vereinten Nationen einsetzen.
  • Die europäische Presse soll allgemeingültige ethische Werte anerkennen. Diese ethischen Werte sollen die Sensibilitäten der Muslime respektieren. Beleidigungen der religiösen Grundprinzipien und der Propheten müssen bei der europäischen Presse als ein moralischer Angriff verurteilt werden.
  • Die UN soll im Hinblick auf die religiösen Symbole ein internationales Ordnungssystem für das Informationsnetz und der Presse einrichten.
  • In das neulich wieder aufgenommene Gerichtsurteil „Status der Menschenrechtssitzung“ sollen Artikel über das Verbot von Beleidigungen und Beschimpfungen religiöser Werte und Hetzungen auf Heiligkeiten hinzugefügt werden.

D. h.: Islamkritik soll kriminalisiert und die europäische Öffentlichkeit soll islamgerecht domestiziert werden.

Angesichts der globalen Entzündung der islamischen Herrschaftskultur, der Existenz islamistischer Terrorstaaten und islamistischer Massenbewegungen in zahlreichen Weltregionen, der wachsenden Islamisierungstendenzen in Europa, der Ausbreitung gewaltbereiter und integrationsresistenter Gegenmilieus auf der Grundlage islamischer Identitätspolitik und der massiven Diffamierung menschenrechtlich-demokratischer Islamkritik durch westliche Kollaborateure wäre es aus meiner Sicht an der Zeit, den Aufbau eines menschenrechtlich-demokratischen Bündnisses islamkritischer Kräfte in Angriff zunehmen. Ich halte es für einen zu überwinden Notstand, dass es im öffentlichen politischen Raum – außer dem tapferen Zentralrat des Ex-Muslime als einer sehr begrüßenswerten Spezialorganisation von islamgeschädigten Zuwanderern - bislang keine organisatorisch konstant wirksame islamkritische Kraft auf Bundesebene gibt, obwohl innerhalb der Bevölkerung eine entsprechendes Resonanzpotential durchaus vorhanden wäre. Dabei gehe ich genauso wie Günter Wallraff und Klaus Staeck davon aus, dass der Islam als normative Grundlage und Verkörperung einer repressiven, autoritären und patriarchalischen Herrschaftskultur große Schnittmengen mit dem Rechtsradikalismus aufweist, ja selber eine kulturspezifische Variante des Rechtsextremismus verkörpert, und sich Linke geistig-moralisch nur blamieren können, wenn sie sich als Beschützer des Islam aufspielen. Es ist tatsächlich unmöglich, einerseits die Werte der Aufklärung und den Marxschen kategorischen Imperativ hochzuhalten (wonach alle Verhältnisse umzuwerfen sind, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist) und andererseits den Islam als Grundlage einer religiös-politischen Repressionsordnung zu verteidigen bzw. als antiimperialistischen Bündnispartner zu verkennen. Zwar gibt es rechte Trittbrettfahrer, die ihre nationalistisch-fremdenfeindliche oder christlich-fundamentalistische Grundgesinnung hinter taktisch-vordergründiger Islamkritik verbergen. Aber diese Kräfte erhalten gerade Auftrieb durch die pseudolinken und kulturrelativistischen Islamverteidiger und würden genau in dem Moment zerbröselt, in dem die menschenrechtlich-demokratische Mehrheit aufsteht und deutlich zum Ausdruck bringt „Hurra, wir kapitulieren nicht!“

Ein aktueller Ausdruck der intensivierten Verbindung von Kapitalinteressen und Islam ist in der Entwicklung Schari‘a-konformer Investment- und Immobilienprodukte zu sehen. Vgl. hierzu die FAZ vom 12.12.03, S. 41.

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