Ryszard Kotonski



Brexit –
Zurück in die Zukunft


Wer sich eigene Gedanken zu den aktuellen Entwicklungen in Europa macht, sollte zwei Sätze von zwei bekannten Männern ständig vor Augen haben:

„Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“ von Max Horkheimer und „Die Faschisten der Zukunft werden sich Antifaschisten nennen“ von Winston Churchill bzw. I. Silone.


Vor einigen Monaten habe ich über den Anfang vom Ende der EU geschrieben, und die ersten Schritte in diese Richtung wurden gerade vorgenommen. Der erste Ausstieg geschah etwas früher als zu erwarten war, aber umso besser, denn je tiefer man in den Wald geht, desto schwieriger ist es, den Weg nach draußen zu finden.

Es war auch sehr wichtig, dass eines der Kernländer der EU und kein „Satelliten Staat“ das Misstrauensvotum ausgesprochen und in die Tat umgesetzt hat. Das Ausgraben von Fundamenten widerspricht zwar den Gesetzen der Baustatik, die besagen, dass jedes Gebäude, das nicht gesprengt werden darf, von oben abgerissen werden muss, hat aber eine positive Seite. Es verursacht nämlich ein gefährliches Wackeln des Gerüstes, das erstmals ernst genommen wurde. Plötzlich, obwohl zu spät, spricht man auf dem Brüsseler Hof über EU-Reformen.

Der Volksentscheid in Großbritannien hat mehr als die bloße Ablehnung der neuen europäischen Ordnung deutlich gemacht. Die Reaktionen der „Brüsselianer“ und ihres Propaganda-Apparats lassen keinen Zweifel daran, welche Ziele die übernationale EU-Herrschaft in Wahrheit verfolgt. Als erste haben die wahren Aktionäre des EU-Unternehmens reagiert, als wären sie von der demokratischen Entscheidung persönlich getroffen. Ihre Drohung mit wirtschaftlichen Folgen (über Nacht!) hat niemanden beeindruckt außer ihre Aktionäre und TV-Moderatoren, denn statistisch gesehen sind die EU-Skeptiker keine Liebhaber des parasitären Banken-Systems.

Da schon ziemlich viel über die EU-politischen Richtlinien geschrieben wurde, nur zwei Sätze: Mit der Entstehung einer Europäischen Gemeinschaft hatte man sich vorgenommen, der US-amerikanischen Wirtschaftsexpansion und Dominanz die Stirn zu bieten. Entgegen den Versprechen macht man genau das Gegenteil. Wir werden nicht zu „Abwehrzwecken“ integriert, sondern entmachtet, formatiert und mundgerecht verpackt, um in einem Stück vom Weltkapital verschluckt zu werden (TTIP, CETA). Das Verrückte dabei ist, dass die US-Lobbyisten aus Brüssel (mit Ausnahme der Grünen und der Linken) daraus kein Geheimnis machen: die nationalen Parlamente gelten als Spielverderber!

Jede kleine politische Niederlage hat für die EU-Technokraten ein apokalyptisches Ausmaß. Das Rudeljammern und -heulen geht durch die besetzten Medien, die mit jedem Spott und Beleidigung der Brexit-Befürworter ihren Frust abreagieren. Gemäß ihrer Analysen sind all die, die gegen sie gewählt haben, Idioten und Hinterwäldler.

Woher schöpfen die EU-Beamten die Gewissheit, dass der glorreichen Zukunft der jungen Engländer ein Strich durch die Rechnung gemacht wurde? Warum nicht umgekehrt? Vielleicht werden sie bald die einzigen Glücklichen in ganzen Europa und froh darüber sein, aus der kranken Beziehung frühzeitig ausgestiegen zu sein.


Die Volksentscheidung der Briten ist offensichtlich ein Zeichen der Sorge über die Zukunft ALLER Generationen und eine klare Ablehnung des neuen europäischen Faschismus. Den gesellschaftlichen Schaden eines wütenden, repressiven Liberalismus abzuwenden ist jedes Geld wert - für ein Land, das von der eigenen Freiheit etwas hält.


Nach den medialen Berichten und Kommentaren soll der bessere, jüngere Teil der Engländer mit dem Brexit-Ergebnis wie paralysiert sein und „... sie verstehen die Welt nicht mehr.“ Und genau deshalb muss man denjenigen die Entscheidung überlassen, die es besser verstanden haben. Das Wissen nämlich ist übertragbar, aber nicht die persönliche Erfahrung. Aus dem Grund wiederholt jede Generation immer dieselben Fehler und verhindert damit geistig-zivilisatorische Entwicklung unserer Spezies. Menschen lernen auf zwei verschiedene Weisen, wenn überhaupt: zum einen aus eigenen Fehlern, was sehr nobel und effizient ist, und zum anderen aus fremden Fehlern, um Zeit zu sparen. Die erste Methode unterstützt die individuelle Entwicklung enorm. Aber nur die zweite eröffnet die Möglichkeit, dass wir als Menschheit langsam aber sicher vorankommen, um in die langfristigen (historischen) Prozesse eingreifen zu können. Es gibt noch einen pragmatischen Grund, das Wahlberechtigungsalterzu erhöhen außer der Infantilität und Orientierungslosigkeit der jüngsten europäischen Generation. Die meisten außerstaatlichen Institutionen und AG/Verbände sind mächtiger als die einzelnen Bürger nicht nur deshalb, weil sie mehr Rechte haben und das Protektorat des Staates genießen. Sie sind auf langfristiges Überdauern eingerichtet und können praktisch jede Generation und jede Regierung (besonders eine demokratische Regierung) überleben, ohne selbst größere Veränderungen zu erleben. Der Vatikan ist darunter ein umstrittener Dinosaurier, der trotz seiner kriminellen Vergangenheit immer noch von Millionen anerkannt bleibt. Diese Institution hat einen langen Atem, der in Jahrhunderten gemessen wird. Sie hat schon viele ihrer Kritiker überlebt, obwohl diese die richtigen Argumente gegen sie hatten. Eine Generation dauert 25-30 Jahre (Karl Mannheim), und das ist immer noch zu kurz, um ein historisches Gedächtnis für einen langfristigen Einsatz gegen gesellschaftliche, kulturelle und politische Entropien zu aktivieren. Wenn die Generation keinen Weg findet, ihre Erfahrungen zu generieren/kumulieren, sie zu bewahren und gegen die institutionelle Übermacht umzusetzen, wird sie immer von einer „unsichtbaren Hand“ gesteuert (das Langfristige ist für das Kurzfristige unsichtbar).


Wer sind die Brexit-Gegner, die bereit waren, die neue Form des europäischen Faschismus (eine Ideologie, eine Meinung, eine Wirtschaft und Währung, gemeinsame Polizei, Armee und denselben Feind wie damals - Russland) zu akzeptieren? Angeblich die Mehrheit der jungen Europäer, in dem Fall Engländer (die offensichtlich das Referendum und ihre Chance verschlafen haben), die bis 30-40 pubertieren werden, weil das Leben in der Spaßgesellschaft solche verheerenden Nebenwirkung en hat. Da sind also die Yuppies mit verlängerter Kindheit, a-soziale Netzwerk-Aktivisten und alle, die noch keine andere Verantwortung tragen, als den eigenen „Spaß“ zu multiplizieren. Man erwartet historische Entscheidungen von einem Teil der Gesellschaft, für die Geschichte so viel bedeutet wie ihr vorheriges Smartphone-Modell. Die durch ein kurzes Gedächtnis gezeichnete Generation prahlt mit ihrer Weltoffenheit und wirbt im Auftrag aus Brüssel für eine offene Gesellschaft. Aber nur derjenige, der die Welt gar nicht kennt, kann „weltoffen“ werden, und eine offene Gesellschaft ist ein Widerspruch in sich. Ich vergleiche sie mit Pinguinen, die Ernest Shackleton auf seiner Antarktis-Reise erstmals getroffen hat. Die kamen zu den Menschen und spielten mit ihnen. Sie hatten weder Scheu noch Angst, denn sie hatten die Menschen noch nie gesehen. Die nächsten Begegnungen mit den Menschen aber waren für sie tödlich.

Der Wille zum Konsum verlangt kein Wissen oder besondere Intelligenz, im Gegenteil: je einfacher und unkomplizierter der Konsument ist, umso besser. Die jungen EU-Soldaten sind Produkt und Ziel der passiven Indoktrination des Marktes. Um die Kinder und Jugendlichen zu „kaufen“ braucht man keine subtile Ideologie aufzubauen, die ihr Denkvermögen überfordert. Man gibt Ihnen das, was sie wollen (Dealer - Junkie Beziehung) und zwar mit den sichtbaren Marken des Herstellers (SPD, CDU, Sony, RTL, Bündnis 90/Die Grünen, Facebook etc.). Der nächste Schritt der liberalen europäischen Regime, die nach unumständlicher Anhängerschaft suchen, wird die Legalisierung von Marihuana sein. Wer bei Kids so cool ist, muss auch gut sein. Ein mieser Trick, aber es wird funktionieren.

Wir wollen doch für unsere Kinder immer das Beste. Schon Hitlers Deutschland hat auf die Unerfahrenheit der Jugend gesetzt. Die EU-Linksfaschisten kennen das Potential des „vor-biographischen Testosterons“, das irgendwo hin will.

Eine systematische Übersichtsarbeit zur Beziehung zwischen Testosteron und antisozialem Verhalten ergab, dass ein hoher Testosteronspiegel zu einer beeinträchtigten Regulation emotionaler und motivationaler Prozesse, geringerer sozialer Sensibilität und starker Belohnungsmotivation führt.“ … „Einzelne Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass Testosteron dissoziales Verhalten wie egozentrische Entscheidungen fördert und kognitive Empathie verringert.“(Wikipedia)
Natürlich ist nicht jeder Jugendliche von diesen biologischen „Turbulenzen“ im gleichen Maß betroffen. Das Testosteron ist zwar der größte, aber nicht der einzige Faktor, der für solche „Zustände“ verantwortlich ist.

Dass die politischen Ansichten der Jungen grundsätzlich wertlos sind, ist noch kein Hindernis, sie als psychologische/moralische Waffe in der politischen genial vorbereiteten Propaganda anzuwenden. Wobei, genial ist sie nur für diejenigen, die als letzte aufwachen.

Manche zweifeln, ob eine direkte Demokratie, besonders in einem bevölkerungsreichen Land, ohne Gefahr auf ein „Ausrutschen“ funktionieren könnte. Als Anhänger von Balance und Mittelweg sage ich: nicht immer. Es gibt Themen, bei deren Lösung sollte man besser nicht nach der Mehrheit fragen. Sie hat auch nicht immer Recht, und die Geschichte hat es auf tragische Weise mehrfach bestätigt. Allerdings besitzt die Mehrheit (die Masse) eine Besonderheit, die die Minderheit selten hat: den Selbsterhaltungstrieb. Kann es sein, dass der Brexit ein Ausdruck genau dieser Eigenschaft war?


13.07.2016

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