MANIFEST

DER INITIATIVE HUMANISMUS

FÜR MENSCHEN – GEGEN DOGMEN

 

Vorbemerkung:

Dieses Manifest ist keinesfalls als Handlungsanleitung im Sinne einer To-do-Liste zu

verstehen, da dies als Zwang empfunden werden könnte. Ein Humanist würde sich niemals

autoritativen Geboten unterwerfen, da er als Individuum selbst entscheidet, was für ihn

wichtig und richtig ist. Das Manifest ist daher eine knappe Beschreibung und Darstellung

dessen, was humanistische Lebensauffassung beinhaltet, so dass sich auch Außenstehende,

die nicht selten falsche Vorstellungen vom Humanismus haben, informieren und

gegebenenfalls diese Grundauffassungen ganz oder teilweise für ihr eigenes Leben adaptieren

können.

 

1. Dem Menschen Mensch sein

Humanisten sind auf der ständigen Suche nach Antworten auf die Frage: Wie kann der

Mensch dem Menschen Mensch sein? Sie bauen dabei auf die natürliche, durch die Evolution

entwickelte Ethik, die in allen Kulturen in mehr oder weniger großem Umfang vorgefunden

wird, und lehnen es ab, sich auf dogmatische religiöse Anweisungen oder politische

Ideologien zu berufen. Ihr Wegweiser sind vielmehr Vernunft und Wissenschaft.

 

2. Die Menschenrechte gelten ausnahmslos für alle Menschen

Humanisten respektieren ihr Gegenüber als ebenso empfindenden und Rechte

beanspruchenden Menschen, unabhängig von dessen weltanschaulicher Überzeugung.
Sie
gehen davon aus, dass Andersdenkende dieselbe Toleranz entgegenbringen und nicht

versuchen, sie mit missionarischem Eifer oder gar mit Gewalt von ihren Einstellungen

abzubringen. Gegen Intoleranz darf es allerdings keine Toleranz geben. Humanisten

respektieren alle Mitmenschen unabhängig von deren biologischen Merkmalen oder sexuellen
Orientierungen.

 

3. Tiere sind fühlende Mitlebewesen

Humanisten akzeptieren auch die nichtmenschlichen Wesen der sie umgebenden Natur, die

ebenso mit Empfinden für Schmerz und Freude am Wohlbefinden ausgestattet sind, so dass

Humanisten sich verpflichtet fühlen, sie so behutsam wie möglich zu behandeln. Der Mensch

ist weder das "Ebenbild Gottes" noch die "Krone der Schöpfung", sondern eine evolutionär

entstandene Art unter vielen. Aufgrund seiner Intelligenz verfügt er über mehr Macht als die

anderen Tierarten. Daraus folgt allerdings nicht, dass das Wohl und Leid derselben weniger

zählte, denn physische und geistige Schwächen sind kein Abwertungsgrund.

 

4. Sozialkompetenzen machen den Menschen zum Menschen

Humanisten wissen, dass die grundlegenden sozialen Kompetenzen des Menschen – wie

Hilfsbereitschaft, Verantwortungsgefühl, Kooperationsfähigkeit und Altruismus– sowohl eine

genetische wie auch darüber hinaus eine hormonelle Basis haben. Sie sind deshalb in ihren

materiellen Grundlagen wissenschaftlich erforschbar, begründbar und kulturell weiter

entwickelbar. Das gilt ebenso auch für die am wenigsten sozialen Eigenschaften des

Menschen wie die Fähigkeiten zu lügen, zu betrügen, Bosheiten und Verbrechen zu begehen.

 

5. „Gut“ und „Böse“ haben keine metaphysischen Bezugspunkte

Humanisten lehnen den Anspruch der Religionen auf ein Moralmonopol ab. Humanisten

vertreten eine säkulare, das heißt auf Vernunftgründen basierende Ethik. Die Annahme „Ohne

Gott sei alles erlaubt“ ist genauso ein Trugschluss wie die Annahme, „Mit Gott sei alles

moralisch.“ Ersteres wird durch die Wissenschaft und die Lebenspraxis von Millionen

Menschen widerlegt, letzteres wird durch die Religionsgeschichte und die jüngere

Vergangenheit so offensichtlich Lügen gestraft, dass auf Beispiele hier verzichtet werden

kann. Bemerkenswert ist: Überwiegend nichtreligiöse Gesellschaften wie zum Beispiel

Schweden sind auffällig häufig wesentlich menschenfreundlicher gestaltet in ihren

Sozialsystemen als eher religiöse Gesellschaften wie zum Beispiel die USA.

 

6. Der Mensch ist das Maß aller Dinge

Für Humanisten ist der Mensch ein selbstbestimmtes und zugleich soziales Wesen, das sich

frei macht von metaphysischen Moralvorstellungen einer nur behaupteten Instanz über ihm,

und das sich in seinen moralisch-ethischen Entscheidungen unmittelbar an den Interessen und

Bedürfnissen der Mitmenschen orientiert. Interessenkonflikte zwischen Menschen werden

nach den Kriterien „fair“ und „unfair“ gelöst, bei der Bewertung wissenschaftlicher und

technischer Entwicklungen ist allein die Frage maßgeblich, ob diese der langfristigen

Verbesserung der Lebensqualität des Menschen dienen, nicht jedoch, ob damit ein religiöses

Gesetz verletzt wird.

 

7. Religion und Weltanschauung sind Privatsache

Humanisten gründen ihre Anschauungen ganz wesentlich auf ein wissenschaftlich

ausgerichtetes Bild von der Welt und lehnen es daher konsequent ab, selbsternannten Priesteroder

Schamanenkasten mit ihren metaphysischen Orientierungen zu folgen. Eine solche

Einstellung verlangt einen religiös neutralen Staat, der die weltanschaulichen Ansichten seiner

Bürger weitestgehend als Privatsache betrachtet und der keine Religionsgemeinschaft bevorzugt
oder gar finanziell unterstützt.

 

8. Keine religiöse Indoktrination an Schulen

Humanisten leben ihr humanistisches Weltbild als Leitbild, aber ohne missionarischen Eifer.

Sie lehnen aus diesem Grunde auch indoktrinierenden Unterricht an Schulen ab, wie er derzeit

als Religionsunterricht im Kindesalter und teilweise als religiös interpretierter

Biologieunterricht angeboten wird, weil ein solcher Unterricht eher spaltet statt zu einen. Auf

diese Weise wird Abneigung und im schlimmsten Falle Hass auf den Andersgläubigen

erzeugt, wo eigentlich ein friedliches Miteinander in einer kulturell zunehmend vielfältiger

werdenden Welt angesagt wäre. Manche Humanisten treten deshalb für die flächendeckende

Einrichtung eines Unterrichtsfachs ein, in dem Werte und Normen vermittelt werden sollen.

Andere lehnen diese Art der Vermittlung ab und bevorzugen die Nutzung des auszubauenden

Geschichts- oder Philosophieunterrichts zum Vergleich unterschiedlicher weltanschaulicher

Positionen.

 

9. Wissenschaftsorientiertes Denken ist ergebnisoffen

Humanisten fühlen sich der Vernunft und der Wissenschaft verpflichtet, die sie als tragende

Säulen ihrer Weltanschauung auffassen. Neue Fakten aufgrund wissenschaftlicher

Erkenntnisse verändern laufend unser Verständnis von der Welt und vom Menschen und

damit unser Weltbild. Da Humanisten keine absoluten Wahrheiten vertreten, sind deshalb

immer wieder Anpassungen an die sich verändernden Gegebenheiten vorzunehmen.

Überkommene religiöse und starre ideologische Lehrsätze und Doktrinen haben in diesem

Weltbild keinen Platz.

 

10. Der Mensch bestimmt den Sinn seines Lebens

Humanisten gehen davon aus, dass ihnen höchstwahrscheinlich nur dieses eine Leben

gegeben ist, in dem sie ihre Vorstellungen und Wünsche verwirklichen können. Kennzeichen

humanistischer Lebensweise ist daher eine strikte Diesseitsorientierung bei der

Verwirklichung der eigenen Vorstellungen und Wünsche. Humanisten haben das Ziel, ein

erfülltes und möglichst glücklich verlaufendes Leben zu führen und setzen sich dafür ein, dass

dies auch möglichst vielen Mitmenschen gelingt. Es ist Sache des einzelnen Menschen,

seinem Leben einen persönlich gewählten Sinn zu geben, von Religionen oder weltlichen

Ideologien vorgefertigte Sinngebungen werden abgelehnt.

 

11. Selbstbestimmung ist zentrales Lebensprinzip

Humanisten nehmen Einschränkungen der Freiheit des Individuums nur in dem Ausmaß hin,

wie sie der Aufrechterhaltung eines friedlichen Nebeneinanders in der Gesellschaft dienen.

Diesem Ziel entgegenwirkende gesellschaftliche oder politische Strömungen lehnen sie mit

Entschiedenheit ab. Die Idee des liberalen, religiös neutralen Rechtsstaates kommt

humanistischer Auffassung am weitesten entgegen. Das heißt, jedem Menschen ist so viel

persönliche Entfaltungsmöglichkeit zu gewähren wie ohne Einschränkung des Mitmenschen

möglich ist.

 

12. Ohne Meinungsfreiheit verkümmern die Menschenrechte

Humanisten bewerten das Recht auf freie Meinungsäußerung als einen sehr hohen Wert im

Rahmen der Allgemeinen Menschenrechte (gesellschaftlich betrachtet sogar als den

höchsten). Wird die Meinungsfreiheit beschädigt, leiden alsbald alle anderen Menschenrechte
unter Auszehrung oder Verzerrung. Einschränkungen der Meinungsfreiheit lehnen sie deshalb

weitestgehend ab. Für das menschliche Zusammenleben schädliche Äußerungen jenseits des

Ziels der Informierung oder Äußerung von Meinungen – wie beispielsweise Aufrufe zur

Gewalt – sind davon jedoch nicht betroffen.

Nachwort:

Humanisten immunisieren sich nicht gegen Kritik. Im Gegenteil: ehrliche und konstruktive

Kritik wird als Geschenk empfunden, die ganz allgemein der Verbesserung der Lebenssituation

des Menschen dienen kann. Deshalb sind wir dankbar für Vorschläge, die zu einem späteren

Zeitpunkt der weiteren Präzisierung und gegebenenfalls Ergänzung unserer Auffassungen dienen

könnten.


Verabschiedet von der Facebook-Gruppe
Initiative Humanismus am 15. März 2012.

Text Quelle; wissenbloggt.de


zum Anfang