Neue Studie zu Deutsch-Türkischen Lebens- und Wertewelten 2012

  Ein kurzer Abriss


Das Meinungsforschungsinstitut Liljeberg Research International hat den Ergebnisbericht zu einer repräsentativen Befragung von Türken in Deutschland mit dem Titel „Deutsch-Türkische Lebens- und Wertewelten 2012“ veröffentlicht.

Schon die empirischen Ergebnisse der beiden Vorgängerstudien des Liljeberg-Instituts hatten sehr klar belegt, dass türkisch-muslimische Zuwanderer - aufgrund der starken subjektiven Bindung an die orthodox-islamischen Grundprinzipien - im Vergleich zu einheimischen Deutschen ein erheblich autoritäreres und emanzipationsfeindlicheres Bewusstseinsprofil aufweisen. Die aktuellen Daten zeigen nun, dass sich das ohnehin schon stark ausgeprägte reaktionäre Einstellungsbild der „Türken in Deutschland“ (TiD) noch einmal verschärft hat.

 

Ausgewählte Ergebnisse:

2012 stimmen 72% der TiD der Aussage zu: „Der Islam ist die einzig wahre Religion“. 2010 waren es 69%.

2010 stimmten „nur“ 33% der TiD der folgenden Aussage zu:

„Ich wünsche mir, dass in Deutschland irgendwann mehr Muslime als Christen wohnen.“

2012 waren es nun 46%.

Speziell in Deutschland, vor dem Hintergrund der Beschneidungsdebatte und der damit verbundenen medialen Hetzkampagne gegen Atheisten sowie angesichts des Umstandes, dass von „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ fast immer nur in Bezug auf Muslime gesprochen wird (Heitmeyer u. a.), ist das folgende Ergebnis besonders zu gewichten:

„Atheisten empfinde ich als minderwertige Menschen“ Zustimmungsrate 2012: 25%; 2010: 22%.

„Juden empfinde ich als minderwertige Menschen“. Zustimmungsrate 2012: 18%; 2010: 14%.

Dieser Einstellungsunterschied lässt sich unschwer aus der orthodox-islamischen Einteilung in „Schriftbesitzer“ (Dhimmis/Schutzbefohlene) und schlichte „Ungläubige“ ohne „heiliges Buch“ ableiten. Deshalb ist die islamspezifische „Atheistenfeindlichkeit“ naturgemäß stärker ausgeprägt als die Juden- und Christenfeindlichkeit (sic), was in der Debatte bislang noch kaum akzentuiert geschweige denn hinreichend reflektiert worden ist.

Bemerkenswert ist auch Folgendes: 31% 2010 und 46% 2012 stimmten der folgenden Aussage zu:

„Wenn ich in Deutschland im Falle der Arbeitslosigkeit keine Sozialleistungen bekommen würde, würde ich sofort in die Türkei gehen.“ (S. 63)

17% der Befragten beziehen Sozialtransferleistungen. (S. 24)

33% sind nicht voll erwerbstätig, d. h. sie sind teilzeitbeschäftigt, arbeitslos oder befinden sich in Ausbildungs- und Umschulungsmaßnahmen bzw. Warteschleifen. (S. 22)

Bereits die regierungsamtliche Auftragsstudie „Muslime in Deutschland“ (Bundesministerium des Innern 2007) war hinsichtlich des Einstellungsgefüges der islamischen Zuwanderer zu folgendem Ergebnis gelangt:

1) „Fundamental orientierte“ Muslime: 40,6%.

2) „Orthodox-religiöse“ Muslime: 21,7%

3) „Traditionell-konservative“ Muslime: 19,0%

4) „Gering religiöse“ Muslime 18,8%.

Dieser reaktionär-konservative bis rechtsradikale muslimische Mehrheitsblock spiegelt sich auch im Wahlverhalten der TiD:

61% würden die islamistische, von der Gülen-Bewegung beeinflusste Regierungspartei AKP wählen, 10% die rechtsextremistische MHP (Partei der nationalistischen Bewegung) und 25% die CHP (Republikanische Volkspartei) mit einer säkular-nationalistischen Ausrichtung. Diese Partei repräsentiert die religiös ein Stück weit ausgenüchterten und modernisierten (kemalistischen) Bildungsschichten in den städtischen Zentren der Türkei. (S. 59)

55% der TiD stimmen 2012 der Aussage zu „In Deutschland müssen noch mehr Moscheen gebaut werden“ (2010: 49%).

45% befürworten die Koranverteilungsaktion der Salafisten in deutschen Fußgängerzonen. Unter den 15- bis 29-Jährigen TiD sind es sogar 63%. (S. 94). 36% dieser jungen Türken würden die Aktion sogar finanziell unterstützen. (S. 96).

Auch diese Studie reflektiert nicht, dass 17% der Zuwanderer aus der Türkei Aleviten sind, die man nicht so ohne weiteres als Muslime bezeichnen und dem orthodox-sunnitischen Islam subsumieren kann, da sie von den sunnitisch-türkischen Mehrheitsmuslimen nicht als „echte Muslime“ anerkannt werden. Insofern die Aleviten im Durchschnitt ein weniger konservatives Einstellungsbild aufweisen als die Sunniten, wird dadurch das Gesamtbild der „Islamgläubigen“ aus der Türkei in verzerrender Weise „aufgehübscht“. Würde man nämlich die Aleviten aus den diversen Untersuchungsergebnissen herausrechnen, wäre das Einstellungsbild der sunnitischen Mehrheitstürken noch reaktionärer.

Auch der Hamburger Staatsvertrag mit den Muslimen, ein weiterer qualitativer Meilenstein der Islamisierung in Deutschland, und dessen Kommunizierung in der Öffentlichkeit suggeriert in realitätswidriger Weise ein „Schönwetterverhältnis“ zwischen Muslimen und Aleviten.

 

Fazit

In der Gesamtbetrachtung lässt sich folgende Grundtendenz feststellen und bewerten: Die unter den TiD anwachsende Bindung an die orthodox-islamischen Vorschriften, Normvorgaben, Lebensregeln etc. verstärkt die Tendenz zur objektiven Desintegration und Segregation dieser reaktionär-ultrakonservativ dominierten Zuwandergruppe.

So sagen 62% gegenüber 40% im Jahr 2010, dass sie am liebsten nur mit Türken zusammen wären. (S. 100)

Dabei lässt sich das nachhaltige Scheitern der „akzeptierenden Integrationspolitik“ des deutschen Staates sehr klar daran ablesen, dass gerade die jüngeren und jüngsten TiD radikalere islamische Auffassungen vertreten als die älteren Vertreter dieser ethno-religiösen Gruppe. Zudem lässt sich bei den Jüngeren ein noch höherer Grad an religiöser Bindung konstatieren. Generell weisen die Ergebnisse der Studie auf eine noch weiter zunehmende Bedeutung der islamischen Religion im Werte- und Überzeugungssystem der TiD hin. 37% der Befragten sind streng religiös (Skalenwerte 8-10) und weitere 23% sehr religiös (Skalenwerte 6-7). Nur 9% bezeichnen sich als „nicht religiös“. „Der Anteil der streng Religiösen ist seit 2010 tendenziell angestiegen. 44% beten mindestens einmal täglich, 34% üben sogar alle vorgeschriebenen fünf Gebete pro Tag aus. Der höchste Anteil von zumindest eher Religiösen (Skalenwerte 6-10) findet sich überraschenderweise in der jüngsten Altersgruppe, auch wenn diese Altergruppe weniger betet.“ (S. 100).

Wenn die TiD mit dem umrissenen autoritär-religiösen Einstellungsbild dennoch ihren Willen zur Integration und zur Zugehörigkeit zu Deutschland bekunden (obwohl sie doch viel lieber unter sich bleiben und in großer Zahl Deutschland in den nächsten Jahren verlassen wollen!) und diese Absichtserklärung in Politik, Medien und abhängiger Auftragsforschung sofort als Verharmlosungsalibi ebenso begierig wie extensiv aufgegriffen wird, so handelt es sich dabei doch im Kern um ein semantisches Missverständnis bzw. Täuschungsmanöver. „Integration“ und „Zugehörigkeit“ bedeuten im subjektiven Horizont der konservativen und radikalen Muslime nämlich nicht Eingliederung in eine säkular-demokratische nichtmuslimische Gesellschaft einschließlich der Übernahme von modernen grund- und menschenrechtlichen Orientierungen und Prinzipien, sondern die Forderung an die Aufnahmegesellschaft, diese möge die islamischen Gesetze, Vorschriften, Riten, also kurzum: die islamische Gesamtnormativität, möglichst bedingungslos akzeptieren und die Muslime mit ihren reaktionären und vielfach grundrechtswidrigen Einstellungen ohne Wenn und Aber „respektieren“. „Integration“ und „Zugehörigkeit“ wären demnach die staatlich sanktionierte Berechtigung zum Aufbau einer islamischen Gegengesellschaft im Rahmen und inmitten der (deutschen) Aufnahmenation.

Jede (weitere) Handlung des Staates jedenfalls, die auf eine unkritische Akzeptanz der islamischen Herrschaftskultur bzw. auf ein weitgehend einseitiges, schönfärbendes und nachgiebiges Entegegenkommen gegenüber den Trägern des orthodoxen Islam in Deutschland hinausläuft, wie zum Beispiel der sozialdemokratische Staatsvertrag mit dem Muslimen in Hamburg, die christdemokratische Etablierung der Deutschen Islamkonferenz, die rotgrünschwarzgelbe Einführung von flächendeckendem Islamunterricht in diversen Bundeslängern, die Installierung einer islamischen Staatstheologie an deutschen Universitäten, die Erfüllungspolitik gegenüber den religiösen Kinderbeschneidern etc., beschleunigt die reaktionär-regressive Entwicklung der Muslime in Deutschland, fördert deren weltanschaulich-normative Divergenz zur säkularen Aufnahmegesellschaft und unterminiert zunehmend den Bürgerfrieden. Denn es kann nicht unbedingt vorausgesetzt werden, dass die passive Hinnahmebereitschaft der aus guten Gründen überwiegend islamkritisch eingestellten einheimischen Mehrheitsbevölkerung fortwährend anhält.

 

 

Hartmut Krauss

Osnabrück, 20. August 2012


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